„Es ist Sonntag, der zweite September, meine Eltern und ich machen uns auf dem Weg Richtung Flughafen Frankfurt. Im Gepäck mein Rucksack und natürlich eine Hand voll Erwartungen und Vorstellungen was mich im kommenden Jahr erwarten wird.“
So ging mein „Abenteuer“ vor genau 4 Wochen los, unglaublich wie schnell diese erste Zeit vorbeiging. Jetzt bekommt ihr also meinen zweiten Bericht, dieses Mal nicht geschriebenen unter den Einflüssen des karibischen Nachthimmels, sondern direkt aus meinem neuen Zimmer. Meine Stimmung ist aber weiterhin dieselbe, es macht immer noch richtig Spaß. Ich versuche noch so jedes kleines Erlebnis intensiv mitzunehmen und gebe hier mein Bestes.
Was hat sich in diesen vorbei rasenden ersten 4 Wochen den noch so geändert?? Erstens: Wir haben richtig fleissig an unserer WG gearbeitet, Zimmer und Küche neu eingerichtet, sowie Sachen repariert. Außerdem sind wir zweitens jetzt alleine im Projekt, dass heisst unsere Vorgänger sind weg und jetzt haben wir die ganze Verantwortung und müssen versuchen in der kommenden Zeit das Projekt möglichst weit nach vorne zu bringen. Da haben wir ja schon die 2 Themen für den zweiten Bericht : ))
Unsere WG: Im Umfeld unserer WG hat sich nicht viel getan, wir wohnen immer noch „berühmt berüchtigten“ Los Alcarrizos ; )) Langsam ist es aber nicht mehr so gefährlich für uns, da wir inzwischen schon bei vielen hier wohnenden Menschen bekannt sind, außerdem haben wir auch schon viele neue Freunde kennen gelernt, mit denen man zum Beispiel am Wochenende etwas unternehmen kann. Der Colmado- Besitzer, also Art Supermarkt, um die Ecke kennt uns inzwischen auch schon und so bekommt man auch einen fairen Preis. (An das Verhandeln hier in der Dominikanischen Republik muss man sich echt gewöhnen, vom ersten überteuerten Touristenpreis bis zu einem fairen Preis für hier lebende Menschen kann man schon einige Minuten benötigen ; )) ) Im Inneren unserer WG hat sich aber einiges getan. Ein Zimmer musste zum Beispiel komplett neu eingerichtet werden, da wir ja dieses Jahr hier zu dritt wohnen und unsere Vorgänger lediglich zu zweit waren. Außerdem haben wir jetzt auch ein neues Bücherregal, einen neuen und deswegen natürlich auch funktionierenden Ofen und weitere Regale für Materialien für unsere Arbeit. Die Zeiten, in denen wir also noch zu 8 hier gehaust haben,2 Vorgänger, noch 2 andere Freiwillige und Pablo, einer der Köpfe unserer Organisation, sind inzwischen also vorbei. Bei der anderen WG in der Dominikanischen Republik scheint es auch gut zu laufen und die ersten Hürden sind schon überwunden. Glücklicherweise gibt es jetzt in unserer Küche auch nicht mehr regelmäßig Ameisenalarm, da wir jetzt endlich den nötigen Stauraum für Brot, etc. haben und gut mit Wasser spülen können, welches aber natürlich weiterhin nicht fließend aus der Leitung kommt. Auch die Stromsituation hat sich durch die Anschaffung einer Art Batterie deutlich verbessert, so haben wir jetzt eigentlich immer genügend Strom um zum Beispiel die Ventilatoren laufen zu lassen wenn wir nachts schlafen. Anders ist das Schlafen bei den Temperaturen hier fast nicht möglich : )) Die Stimmung unter uns 3 ist auch weiterhin sehr gut, wir verstehen uns prächtig und einiges hat sich schon eingespielt, für alles andere bringen wir dir das nötige Improvisationstalent mit ; )) Und wenn wir schon beim Thema „Improvisieren“ sind schreibe ich euch jetzt über unsere Anfänge im Projekt : ))
Unser Anfang im Projekt: Zur Zeit ist es noch so, dass wir tagsüber 4 Stunden Spanisch Unterricht haben. Wir haben also jeden Tag so um die 12 Stunden Arbeit, morgens um 8 Uhr geht es mit Spanisch los, danach kommt das erste Fußball-Training von 10.30 bis kurz nach 12 Uhr mit so um den 20 Kids im Alter von 10 bis 12 Jahren. Dann haben wir eine einstündige Mittagspause, welche wir bisher immer in Caballona, so heisst das Batey in dem unser Projekt ist, mit Ausruhen und ein bisschen Planen verbracht haben. Zur Erinnerung: Ein Batey ist ein von Haitianern bewohntes Armenviertel. Das andere Batey, aus dem noch Kids zu unserem Projekt kommen, heißt La Lecheria und ist eines der Ärmsten im Land ( siehe erster Bericht). Um circa 13.30 Uhr geht es dann mit Sala de tarrea los, also Hausaufgabenbetreuung. Die Arbeit dort geht für zwei der Freiwillige bis 15 Uhr, der andere Freiwillige arbeitet dort bis 17 Uhr während die anderen von 15 bis 17 Uhr eine weitere Mannschaft trainieren. Aktuell wird vor allem noch an der Struktur des Sala de tarreas gearbeitet, bisher wird das Angebot noch nicht so richtig wahrgenommen, aber wir arbeiten ja auch erst seit einer Woche konstant daran, morgen treffen wir uns zum Beispiel mit den Lehrern unserer Fußballjungs um zu erfahren welche Kinder auf jeden Fall Hilfe brauchen. Wir wollen in ein paar Wochen so weit sein, dass konstant gerade die Kinder in den Sala de tarrea kommen, welche auch versetzungsgefährdet sind und das sind leider auch sehr viele von unseren Fußballkids. Ich denke, dass das Gespräch mit den Lehrern ein wichtiger Schritt sein wird um ein bisschen Kontinuität in das Ganze reinzubekommen. Die Zeit ab 15 Uhr im Sala de tarrea läuft hingegen schon besser, da wir zusammen mit einem Mädchen uns in dieser Zeit vor allem um die Vorschulbildung kleiner Kinder kümmern, aber auch hier gibt es noch Spielraum und unser gemeinsames Ziel ist es hier vor allem Kindern ohne Zugang zur Schule anzusprechen und ihnen somit wenigstens ein bisschen Hoffnung zu machen. Die kleinen Kids sind auf jeden Fall ganz interessiert und nehmen, teilweise auch spielerisch, etwas für ihr hoffentlich kommendes Schulleben mit. Wie schon erwähnt während dieser zweiten Sala de tarrea Phase arbeiten die 2 anderen schon mit einer weiteren Fußballmannschaft im Alter von 12 bis 15 Jahren. Es ist richtig anstrengend teilweise gut über 20 Kids gleichzeitig zu trainieren ohne dabei den Überblick und die Nerven zu verlieren, aber mit ein bisschen Dominikanischer Gelassenheit passt das Ganze, auch der Respekt der allermeisten Kinder passt, so dass man zusammen einiges erreichen kann. Zumindest gibt es eine gute Basis dafür : )). Um den Fußballaspekt zu beenden gibt es dann ab 17 Uhr noch ein Training mit den Pequenitos, alle so um die 8 Jahre, egal ob Junge und Mädchen, alle echt verdammt nett. Auch wenn es mit der Ordnung noch nicht so hinhaut macht es echt Spaß mit diesen Kids den Fußballtag abzurunden. Wenn dann um 18.30 Uhr dieses Training beendet ist, versuchen wir so schnell wie möglich mit dem nächsten Carro Público ( siehe erster Bericht, naja so eine Art „Taxi“) Richtung Haus zu kommen, dann noch schnell mit Schlauch unter die Dusche und hoffen, dass genügend Wasser da ist und schon steht Kenya vor unserem Haus mit dem Ziel uns noch einmal mit 2 Stunden Spanisch zu belehren oder doch besser Dominikanischer Kultur zu unterrichten. Dabei kommen dann gemeinsame Kochstunden, Diskussionen auf Spanisch über hier relevante Themen und natürlich die Feinheiten der Dominikanischen Sprache nicht zu kurz : )) Dann geht unser circa 12 Stunden Tag auch schon zu Ende und wir relaxen meistens noch ein bisschen auf unserer Galerie und verbringen die restliche Zeit vor dem Schlafen gehen mit Gesprächen mit den Nachbarn und den Nachbarskinder, zum Beispiel Junior, ein 9 jähriger Dominikaner, der einfach richtig cool und nett ist oder seinem Bruder Emily, schon ein bisschen älter, aber fast genauso lieb. Der Vater der beiden heißt Nelson und ist auch ein richtig kumpelhafter Typ und sehr hilfsbereiter Nachbar, wir haben hier echt Glück mit den Nachbarn, danke auch noch einmal an die ganze Vorarbeit von unseren Vorgängern. Probleme in der Nachbarschaft gibt es dennoch, zum Beispiel ist Nelson Alkoholiker und wohnt mit seinen 2 Kindern und 2 anderen männlichen Familienmitgliedern zusammen, welche ebenfalls Probleme mit Alkohol haben, Jobs und Frauen haben sie keine und schlafen müssen sie zusammen mit Emily und Junior auf dem Boden ihres Hauses.
Also so eine Art Fazit:
Was richtig gut läuft und auch sehr viel Spaß macht ist das Fußballtraining mit den Kids. Baseball heisst hier üblicherweise der Sport mit dem die Kids aufwachsen, dennoch können wir uns kaum vor neuen motivierten Spielern und auch Spielerinnen schützen : ) Täglich kommen neue hinzu und wollen mit trainieren, aber jetzt wollen wir erst einmal einen festen Stamm an Spielern bekommen, bisher kommen in die 3 Trainings so jeweils um die 20 Kinder. Was auch schon gut angelaufen ist sind Gespräche und Ansprachen in denen es um Dinge wie Teamgeist, usw. geht. Unser Anliegen ist es aber diesen Bereich weiter auszubauen, so dass wir mithilfe von Fußball Werte vermitteln können. Allein schon die Tatsache das in unserer Mannschaft Haitianer zusammen mit Dominikaner für ein gemeinsames Ziel arbeiten ist ein schönes Gefühl, wenn man sieht wie verhasst und rassistisch in weiten Teilen des Landes oder in den Medien miteinander umgegangen wird.
Für den Vormittag suchen wir noch nach einer passenden neuen Struktur, also zum Beispiel ein Raum, so dass wir auch vormittags Sala de tarrea anbieten können, das macht hier Sinn, weil die Schüler entweder Nachmittags oder Vormittags Unterricht haben. Für die Zeit von 12 Uhr, wenn möglich, bis 15 Uhr denke ich, dass das morgige Gespräch mit den Lehrern uns nach vorne bringen wird. Für die Zeit ab 15 Uhr bauen wir weiterhin auf die Zusammenarbeitet mit Virginia, so heisst das junge Mädchen, welches sich zusammen mit uns als gemeinsames Ziel die Unterstützung kleiner, sowie „schulferner“ Kinder vorgenommen hat. Außerdem wird, sobald genügend Kids im Sala de tarrea sind, das Angebot um Workshops erweitert, also zum Beispiel Aids und Zahnpflege.
Samstags geht es jetzt bis Dezember zusammen mit unseren Jungs im Süden der Dominikanischen Republik hin und her, da wir an einem mehrmonatigen Turnier teilnehmen. Organisator dieses Turniers ist Pascacio, ein inzwischen guter Freund, welcher als Ex-Nationalspieler im Namen des aktuellen Präsidenten für den Fußballsport im Land zuständig ist. Außerdem ist er der Sportkoordinator einer der reichsten Schulen im Land, also in der Hinsicht das krasse Gegenteil von uns. Gerade diese Tatsache zeigt aber auch wie wichtig unsere gemeinsame Arbeit ist, denn so begegnen sich in unserem Projekt nicht nur Dominikaner und Haitianer, sondern durch Turniere finden auch soziale Begegnungen zwischen den ärmsten und reichsten Menschen dieses Landes statt. Eine Tatsache von der vor allem die reichen Kinder und Familien profitieren können, denn so werden sie mit dem Leben und den sozialen Zuständen der meisten Menschen hier konfrontiert und diese sind prekär, sehr oft ohne Wasser, Strom und gesundheitlicher sowie schulischer Versorgung.
Begegnungen all dieser unterschiedlichen Menschen sind unser Projekt, bringen unser Projekt nach vorne und sind das Wichtigste um neue Wege und Ziele für uns und für unser Projekt zu entdecken.
Mit der Hoffnung auch viele weiteren Begegnungen hier in der wunderschönen Dominikanischen Republik grüßt euch herzlichst
euer Thommi
Natürlich hoffe ich, dass es euch allen, egal ob Daheimgebliebenen oder an anderen Orten dieser Welt zur Zeit lebenden Menschen, gut geht und ihr eine schöne Zeit verbringt, lasst mal wieder etwas von euch hören : ))
Freitag, 16. November 2007
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