Freitag, 18. Januar 2008

5. Bericht und Sport

Nun habt ihr also meinen 5. Bericht vor Euch liegen, dieses Mal versuche ich euch einen Einblick in die schönste Nebensache der Welt und natürlich auch auf dieser Insel zu geben: Dem Sport : ))
Vieles ist hier von dem nördlichen Nachbarn den USA beeinflusst oder hat sich durch US-Amerikanische Besatzung im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelt. Im Bereich „Sport“ kann man wohl noch die größten Einflüsse dieser vergangenen Zeiten sehen, so ist Baseball die Sportart Nummer 1 hier auf der Insel, gefolgt von der Nummer 2 Basketball. Nur in ganz wenigen Teilen der Dominikanischen Republik spielt Fußball überhaupt eine Rolle und wird dann zum größten Teil von haitianischen Migranten gespielt. Eine inzwischen durch den Tourismus populär gemachte Sportart, die man in fast allen Teilen der Dominikanischen Republik ausüben kann, ist Golf, jedoch spielt dieser Sport weiterhin nur beim Tourismus eine Rolle. Andere „Sportarten“ die im Zusammenhang mit dem Tourismus zu sehen sind, sind zum Beispiel Reiten, Rafting und verschiedene Arten des Surfen. Im Gegenteil dazu ist zum Beispiel Fahrrad Fahren bei der ländlichen dominikanischen Bevölkerung weit verbreitet, wo es aber vor allem der Fortbewegung dient.
Wer sich jetzt fragt warum ich euch nichts über Weihnachten in der Karibik erzähle,den muss ich auf den 25. oder 26. Dezember vertrösten, denn dann bekommt ihr, wenn alles planmäßig klappt, den 6. Bericht, der sich um Weihnachten drehen wird.
Sport:
Um euch also den versprochenen Einblick in das Thema liefern zu können werde ich in diesem Bericht ein paar Sportarten, welche hier in der Dominikanischen Republik, sowie in meinem Leben, die größte Rolle spielen, vorstellen und versuchen sie euch mit ein paar interessanten Hintergrundinformationen und Geschichten näher zu bringen.
Da haben wir zum Beispiel die Sportart Nummer 1 in Deutschland „Fussball“, welche hier als Bestandteil unseres Projekts natürlich die größte Rolle spielt, landesweit aber kaum Bedeutung findet. Es gibt eine funktionierende Liga, welche von März bis Oktober ausgespielt wird und an der knapp 10 Mannschaften teilnehmen. In dieser „ersten“ dominikanischen Liga gibt es sogar gewisse Standards und Regelmäßigkeiten, ganz im Gegensatz zum restlichen eher informellen Fußballsport, dennoch gibt es zum Bespiel nicht wirklich mannschaftsbezogene Trikots. Der Meister des letzten Jahres „ Barcelona“ hat nicht nur den Namen des spanischen Kultvereins geklaut, sondern spielt auch mit den den gleichenTrikots wie die Katalanen. Spätestens wenn man nicht in diesem ersten Liga Umfeld tätig ist, sieht man wie chaotisch und wie schwierig es ist hier ein kleines Turnier zu organisieren, geschweige denn eine funktionierende Liga zu starten. Unsere Vorgänger können über dieses Thema aus erster Hand berichten und mussten oftmals feststellen wie viel Frustrationstoleranz man während so einem Freiwilligen Sozialen Jahr im Ausland benötigen kann. Bestes Beispiel war die Organisation des wirklich wunderschönen und emotionalen „Cafe con leche“- Abschiedsturniers der beiden: Zu erst eine kleine Erklärung der Turniernamens, welcher, wenn man Spanisch kann und das soziale Umfeld unseres Projekts kennt, sehr zutreffend ist: „Cafe“ ist einfach nur Kaffee, welcher ja schwarz ist und die Haitianer symbolisiert, die in unserem Projekt sind und mit uns zusammen leben. „leche“ bedeutet Milch und steht für die Dominikaner, welche eher weiß sind. Das Wort „con“ heisst „mit“ so ergibt sich Kaffee mit Milch, Schwarz mit Weiß, Haitianer mit Dominikanern. Genau für das steht unser Projekt für ein Zusammenleben von Haitianern und Dominikanern fernab von rassistischen Vorurteilen oder von Grenzen aufgrund der Hauptfarbe oder von Herkunft.
Kommen wir wieder zum ursprünglichen Thema: Für besagtes Fußballturnier wurden 20 Jugend- Mannschaften angefragt, von denen schließlich über 10 im ersten Moment zugesagt haben. Im Laufe der Zeit haben sich dann aber noch einige anders entschieden und abgesagt, z.B. auch eine Mannschaften, welche erst am Tag vor den Turnier abgesagt hat. Hier zeigt sich also deutlich die Unzuverlässigkeit im hiesigen Fußballsport, dennoch konnte am Ende ein wirklich schönes Turnier mit 8 Jugendmannschaften aus allen möglichen Bevölkerungsschichten der Hauptstadt durchgeführt werden. Einen großen Anteil daran hat auch Pascacio, der Fußballbeauftragte des Landes und einer unserer besten Freunde, welcher spontan noch eine zusätzliche Mannschaft organisieren konnte. Einziger Wermutstropfen dieses Turniers voller positiven Begegnungen zwischen verschiedenster Menschen war die Niederlage unserer Jungs im Finale gegen eine der reichsten Privatschulen der Stadt.
Dieser informelle Charakter des Jugendfußballs steht auch bei den Erwachsenen an der Tagesordnung, sprich es gibt kaum Strukturen um Fußball zu spielen. Unsere Trainingseinheiten finden zum Beispiel auf einem Baseball- Spielfeld statt, welche man hier wirklich in jedem noch so kleinen Dorf finden kann, dazu später aber mehr. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die „Ausrüstung“ der Spieler, welche beim Großteil unserer Kids noch nicht einmal Schuhe oder Hosen umfasst, ganz klar spielt hier aber auch die Armut unseres Projektumfelds die größere Rolle, deswegen spielen viele Kids barfüßig, ohne Hosen oder manchmal auch mit Jeans, welche aber normalerweise zur Schuluniform gehört und da man mit einer dreckigen oder kaputten Schuluniform nicht am Unterricht teilnehmen kann, versuchen wir das Spielen in Jeans zu unterbinden.
Leonell, so heisst der amtierende Präsident der Dominikanischen Republik, hat sich in den Medien vor 2 Monaten noch auf folgende Art und Weise geäussert: Er meinte, dass es sein Traum wäre in wenigen Jahren solch einen Zauberfußball zu spielen wie die Brasilianer. Das man davon aber noch meilenweit entfernt ist, könnt ihr euch nun hoffentlich durch meinen kleinen Einblick vorstellen. Die einzigen Hoffnungsschimmer am Horizont dieses Ziel irgendwann wenigstens ein bisschen zu erreichen und um unter den besten 100 Fußball Nationalmannschaften dieser Welt zu stehen ( Im Moment sind sie die Nummer 147) sind die immigrierten Haitianer, für diese spielt Fußball eine viel wichtigere Rolle. Warum dies so ist, kann ich mir bisher nicht wirklich erklären, bestimmt ist es aber zum Teil auf nicht vorhandene US- Amerikanischen Einflüsse zurückzuführen, den Haiti stand im Gegensatz zu der Dominikanischen Republik nie unter US- Amerikanischer Besatzung.

Was für die Kinder in den Favelas, also den Armenvierteln von Rio de Janeiro in Brasilien, der Fußball ist, ist hier der Baseball. Baseball ist hier mehr als „nur“ ein Sport, es gehört zu diesem Land einfach dazu und bedeutet für die armen Teile der Bevölkerung die einzige Chance aus Armut und Elend zu entkommen. Schätzungsweise gibt es weltweit über 600 professionell spielende Dominikaner, die Mehrheit davon spielt in der US- Amerikanischen Profi- Liga und verdient Millionen von Dollar. Baseball ist hier allgegenwärtig, es wird an jeder Straßenecke gespielt, egal ob mit improvisierten Schlägern aus Holzstangen oder Plastikflaschen und an den Fahnen, welche fast an jedem Auto befestigt sind, kann man auch schnell die Vereinszugehörigkeit feststellen. Die größten Rivalitäten gibt es zwischen den 2 Hauptstadt- Vereinen „Licey“ und „Escogidos“, sowie aufgrund der geographischen Lage und dem Kampf zwischen den 2 größten Städten und den besten Mannschaften zwischen „Licey“ und „Aguilas“ aus Santiago, der zweitgrößten Stadt nach Santo Domingo. Wir 3 Freiwillige haben eigentlich gar keine andere Wahl als „Licey“ zu unterstützen, da alle unsere Nachbaren und auch die Menschen aus unserem Projektumfeld stolze „Licey“- Anhänger sind. Außerdem ist der Besitzer, auf dessen Baseball- Feld wir trainieren, auch „Licey“ Fan und würde wohl gar keine andere Mannschaft akzeptieren : ))
Die Liga, der 8 Vereine angehören, geht Anfang Januar in die Endspielrunde und „Licey“ hat sich erwartungsgemäß schon qualifiziert. Hoffentlich finden wir dann auch mehr Zeit um noch ein paar Spiele mit wohl bis zu 25 000 Zuschauern zu besuchen. Bisher konnten wir nur ein Spiel besuchen, welches dann auch noch verloren wurde. Dennoch war es eine schöne Erfahrung zusammen mit unseren Nachbarn unsere Mannschaft zu unterstützen und natürlich in den Pausen das Ganze Drumherum zu erleben, die 4 Stunden, ja so lange dauert ein Baseball Spiel im Durchschnitt, haben sich auf jeden Fall gelohnt und haben Lust auf mehr gemacht.
Gerade auch beim Baseball kann man hier in der Dominikanischen Republik sehr gut feststellen wie Sport die Integration von Menschen fördern kann, was wir auch fast jeden Tag persönlich erleben, vor allem wenn uns jemand im Supermarkt oder wo auch immer auf unsere „Licey“- Mützen anspricht. So entstanden schon einige interessante Gespräche und Begegnungen, die Menschen finden es gut und schenken uns Respekt, wenn sie sehen wie wir uns auf ihre Kultur und Lebensweise einlassen und dazu gehört einfach Baseball dazu.
Eine weitere interessante Frage ist, wie es überhaupt zu diesem Baseball verrücktem Zustand gekommen ist: Die Dominikanische Republik wurde im Laufe des letzten Jahrhunderts einige Mal von US- Amerikanischen Militärs aufgesucht und besetzt, zum Beispiel um so korrupte und verbrecherisch Regierungen zu stürzen und um politische Stabilität ins Land zu bringen. Im Laufe dieser Besatzungen wurde immer mehr kulturelle Einflüsse aus den großem Nachbarstaaten wahrgenommen und zum Teil bis heute fortgeführt, ein weiteres Beispiel hierfür ist die Benennung der wohl 4 größten Straßen der Hauptstadt Santo Domingo, sie heißen Kennedy, Washington, Churchill, Lincoln, allesamt benannt nach US- Amerikanischen Präsidenten. Die Baseball Verrücktheit der Dominikanischen Republik ist also auf die Baseballverrücktheit der Vereinigten Staaten und dessen Einfluss zurückzuführen.
Um mein Empfinden in prägnante Worte zu fassen: Die Dominikaner wollen im Gegensatz zu den Deutschen kein Fußballprofi im Kindesalter werden : )), sondern sehen ihre Zukunft im Baseball, was für viele die einzige Chance für einen sozialen Aufstieg ist, deswegen kann man zurecht sagen „ Mit Baseball in eine bessere Zukunft“. Außerdem wird es wohl so sein, dass die Mehrheit der hiesigen Bevölkerung wohl eher sämtliche Baseball- Spieler ihrer Mannschaft in und auswendig kennt als Namen der Präsidentschaftskandidaten : )) Ob das einige traurige Tatsache in so einem doch noch relativ korrupt geführten Land wie der Dominikanischen Republik ist oder nicht, soll jeder für sich selbst entscheiden. Den Menschen macht es auf jeden Fall Spaß und für den ein oder anderen ist es wohl neben karibischer Musik und dominikanischen Rum einer der wenigen Lichtblicke in seinem Leben.

Am Ende dieses Berichts ist nun die Zeit gekommen euch wunderschöne und gesunde Weihnachten zu wünschen. Natürlich hoffe ich, dass all eure Weihnachtswünsche in Erfüllung gehen. Noch viel mehr am Herzen liegt mir aber der Wunsch, dass ihr in dieser eigentlich doch so stressigen Zeit, bestes Beispiel wohl die vollen Innenstädte und Kaufhäuser kurz vor Weihnachten, die normalerweise doch so besinnliche Stimmung nicht vergesst und dass ihre schöne und ruhige Stunden zusammen mit den Menschen verbringen könnt, die ihr liebt und wertschätzt, sei es zusammen in einem Zimmer sitzend und über die Welt redend oder „nur“ in Gedanken mit euch selbst.
Morgen geht es zusammen mit unseren Projektkindern an den Strand !!!!, worauf ich mich schon sehr freue und unsere Kids wohl noch mehr : ))
Die eigentliche Weihnachtsmail von mir liegt hoffentlich pünktlich am 25. Dezember in eurem Online Postfach. Freue mich über jedes Lebenszeichen von euch und hoffe, dass es auch allen mindestens so gut geht wie mir hier : ))
Die alten Berichte gibt es jetzt auch unter meinem Blog zu lesen, Adresse siehe unten. Ein Vorsatz für das Jahr 2008 wird auf jeden Fall sein, euch mit mehr Bildmaterial zu versorgen ; ))

Weihnachtliche und zufriedene Grüße aus der Karibik wünscht euch euer

Thommi

Keine Kommentare: